Dieser Artikel erschien im „PK-Spezial Nr. 34“
Das vom Bauvolumen her an den Umfang des Neubaus der Ausstellungs- und Fahrzeughalle heranreichende Projekt zur Erneuerung der Eisenbahnüberführung über das Schwarzwasser am Bahnhof Schlössel trat am 22. Mai 2024 in die heiße Phase.
Der Bauablauf wurde auf der eigens eingerichteten Projektseite zum Bauvorhaben auf www.pressnitztalbahn.de mit Bildergalerien zum wöchentlichen Baufortschritt illustriert.
Ziert die Titelseite dieser PK-Spezial-Ausgabe ein Bild vom Einhub des neuen Brückenüberbaus, dann sollten auch der Wiederinbetriebnahme der kompletten Strecke am 1. Oktober keine größeren Probleme mehr gegenüberstehen. Da dieser Artikel am 31. August Redaktionsschluss hatte, ist dieser Ausblick zum Zeitpunkt des Schreibens noch ein Blick in die Zukunft.
Über die Vorbereitung des Vorhabens, an dessen konkreter Planung bereits seit 2016 gearbeitet wird (mit Vorüberlegungen und ersten Vermessungsarbeiten bereits noch einige Jahre früher), ist in den vergangenen PK-Spezial-Ausgaben bereits umfangreich berichtet worden.
Anpassung von Planungen
Durch die in der letzten Ausgabe bereits erwähnte Möglichkeit, die ehemalige Fabrikfläche entlang des Schwarzwassers für die Bauaktivitäten zu nutzen, musste jedoch noch einmal die Planung für die Baustelle überarbeitet werden. Da sich für den eigentlichen Bauablauf eine Vereinfachung der Arbeitsabläufe ergeben würde, waren diese Änderungen jedoch sehr sinnvoll. Zahlreiche vorgelagerte Gespräche mit der Unteren Wasserbehörde des Landkreises und der Planfeststellungsbehörde zeigten die Möglichkeit auf, dass diese Änderungen ohne Auswirkungen auf den Bauzeitraum machbar sein könnten. Mit Schreiben vom 8. Mai wurden bei der Landesdirektion Sachsen als zuständiger Genehmigungsbehörde die vorgesehenen Planänderungen angezeigt. Dies offizielle Änderungsanzeige war nötig, da sich durch die Änderung der Baulogistik auch die Stellen des notwendigen Eingriffs in das Schwarzwasser veränderten und damit möglicherweise Aspekte der Genehmigung betroffen wären. Nach bereits zuvor erfolgter mündlicher Bestätigung lag dann mit Schreiben vom 23. Mai auch die Bestätigung der Landesdirektion zu den Änderungen vor.
Herausforderungen im Bauablauf
Während der reguläre Ablauf des Baugeschehens zunächst planerisch durchdacht und dann durch den beauftragten Bauunternehmer in der Regel noch einmal präzisiert wird, sind es die unvorhersehbaren Einflüsse, die zu besonderen Herausforderungen werden können.
Bereits am ersten Arbeitstag nach der Sperrung der alten Brücke und während die Rückbauarbeiten des Gleises und der Schwellen auf den alten Brückenüberbauten gerade erst begonnen hatten, stand die erste Verzögerung des Projektes an. Die zuvor bereits erteilte Genehmigung für die Anfahrt des Schwerlastkranes zum Ausheben der alten Überbauten wurde wenige Stunden vor dem geplanten Einsatz des Kranes storniert. Erst mit drei Arbeitstagen Verzögerung war es der Baufirma dann doch möglich, den Kran zu überführen.
Am Ende der zweiten Bauwoche zogen sprichwörtlich und real dunkle Wolken über das Bauvorhaben. Der Deutsche Wetterdienst prognostizierte die Möglichkeit, dass eine sogenannte Vb-Wetterlage vom Mittelmeer kommend mit großen Regenmassen ihre Zugbahn über das Erzgebirge nehmen könnte. Um eine mögliche Gefährdung bei tatsächlich eintretendem Hochwasser zu vermeiden, musste die gerade erst im Bett des Jöhstädter Schwarzwassers eingebaute Wasserhaltung mittels großer Rohre wieder weitgehend demontiert werden. Dadurch sollte der volle Querschnitt für den Ablauf des Wassers zur Verfügung stehen.
Glücklicherweise für unsere Baustelle zog die Großwetterlage nur bis in den süddeutschen Raum, wo wiederum verheerende Überschwemmungen durch Starkniederschläge die Folge waren.
Das Schwarzwasser führte durch die Niederschläge in den letzten Mai- und ersten Juni-Tagen aber doch nur rund 15 Zentimeter höheren Wasserstand, so dass mit insgesamt rund fünf Tagen Verzug zum Planablauf weiter gearbeitet werden konnte.
Weitgehend unbemerkt für Außenstehende gab es zwischenzeitlich Verunsicherung über die Lieferleistung des Lagerherstellers, der die Lager für die Positionierung des Überbaus auf den Betonwiderlagern liefern sollte. Glücklicherweise war ein Zahlendreher auf einem Dokument für die Größe des Lagers bei einer Rückfrage beim Planer noch rechtzeitig aufgefallen, so dass dies keine Auswirkungen auf den Bauablauf hatte.
Bei der für den 9. August geplanten Anlieferung der drei Teile des insgesamt 35 Meter langen Stahltroges mit drei Schwerlasttransporten bestand zwischenzeitlich auch die Befürchtung einer Verzögerung. Der durch den Unterauftragnehmer für den Stahlbau, der Firma Künz in Słupca (Polen), organisierte Transport musste sehr lange auf die Zustimmung der beteiligten Behörden warten, bis die Genehmigung für die zwei Tage und über rund 600 Kilometer Strecke führende Fahrt dann endlich drei Tage vor dem geplanten Fahrtstart vorlag.
Aus dieser Erfahrung lernend wurde die Transportgenehmigung für die beiden zum Einheben der Brücke Anfang September benötigten Schwerlastkräne nebst der drei Begleit-Lkw für die Gegengewichte und Anbauten frühzeitig eingeholt. Das sorgte jedoch nicht für die Sicherheit der Kranverfügbarkeit zum gewünschten Zeitpunkt. Denn gerade einmal zehn Tage vor dem Kraneinsatz teilte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr die Sperrung der S265 zwischen Ortseingangsschild von Schmalzgrube und der ehemaligen Pension Forellenhof für Hangsicherungsmaßnahmen mit. Durch die gleichzeitige Sperrung der Ortsdurchfahrt in Königswalde war damit kein Durchkommen für einen 600t- und einen 450t-Straßenkran zur Baustelle in Schlössel zu konstatieren.
Emsige Kommunikation mit der für die Hangsicherung beauftragten Baufirma und dem LaSuV erhöhten zumindest bis zum Redaktionsschluss dieses Artikels die Chance, dass die Durchfahrt der Kräne doch noch möglich sein sollte.
Fertigstellung bis Mitte November
Nach dem Einhub des Brückentroges werden zunächst die Lager für die Brücke in der finalen Position befestigt und der Rückbau aller Materialeintragungen im Flussbett zügig vorgenommen.
Ab Mitte September erfolgt parallel zu weiteren Arbeiten zur Verfüllung und Anböschung der Widerlager sowie der Erneuerung der Uferbefestigung entlang des Arbeitsbereiches auch der Gleisbau auf der Brücke.
Bis Ende September sollen die Arbeiten soweit vorangeschritten sein, dass am 30. September die vorläufige Bauabnahme und Übernahme der neuen Brücke für die Eisenbahninfrastruktur erfolgen kann. Am 1. Oktober ist dann die offizielle Inbetriebnahme der Brücke geplant.
Bis Mitte November sollen dann auch die noch notwendigen Umfeldgestaltungsarbeiten im Bereich der Brücke und der Aufstellfläche für die Baustelleneinrichtung abgeschlossen werden.
Jörg Müller